Ich erzähle heute eine, für viele Freunde unbekannte Geschichte, die sich auf Reinhard Fißlers Kindheit und Vorfahren bezieht.

Reinhard Fißler wurde geboren in Güstrow. Sein Vater Günter arbeitete in Warnemünde. Eines Tages kam der Vater Reinhards von der Arbeit nach Hause.

Der Vater Günter fand Reinhard stehend im Bett vor. Der restliche, gesamte Hausrat war verschwunden.

Reinhards Mutter hatte stillschweigend die Flucht nach Westdeutschland vorbereitet und Reinhards kleine Schwester mitgenommen. Aber Reinhard allein zurückgelassen.

Kurz kurz darauf ist Reinhard von seinem Vater Günther bei Reinhards Oma im Pfarrhof 4 übergeben worden. Seine Oma, Hedwig Hennig und mein Opa Paul Hennig waren Geschwister und lebten im Pfarrhof 4 in Tangermünde. Dann ist ja Vater ebenfalls geflohen. Die Eltern haben in Westdeutschland getrennt weitergelebt.

So wuchs Reinhard, verlassen von Mutter und Vater, im Pfarrhof 4, unter dem Dach in einer kleinen Kammer auf. Dort lernte er Gitarre spielen. Die gute Seele hat der von seiner Oma Hedwig. Als ich klein war lernte ich sie gut kennen. Dann unserer siebenköpfiger Familie ging es finanziell nicht so gut. Meine Eltern verdienen zusammen 600 DDR Mark. Und oft wurde ich zu Tante Hedwig geschickt um 20 Mark oder mehr versuchen zu borgen. Das war mir als kleines Kind unangenehm. Aber Tante Hedwig war immer gutmütig, zärtlich und liebenswert. Sie hatte rote Wängelchen und sah hübsch aus. Sie wohnte im 1. Stockwerk im Pfarrhof 4. Zum Fenster hin ging das Wohnzimmer bergab. Das alte Fachwerkhaus war eben damals über die hunderte Jahre etwas schief. Zwischen den Fenstern war ein für diese Zeit typisches Tischchen mit einer Holzverlängerung zur Lampe, die über das Tischchen hing. Dort ging sie eben bergab hin und öffnete eine Blechdose aus der ich mir selbstgebackene Plätzchen nehmen durfte. Ich besuchte Sie auch einfach so sehr oft. Ich liebte Ihre Ruhe, Zuwendung und angenehme Stimme.

Tante Hedwig sah ich ein letztes Mal zufällig im Altersheim. Als wir vom Jugendkreis der Kirche dort zu Weihnachten Weihnachtslieder sangen. Sie weinte von Herzen und ich musste Sie tröstete. Das war das letzte Mal das ich Sie sah.

Den Vater von Reinhard habe ich einige Male in Tangermünde bei seinem kennengelernt. Er rauchte wie ein Schlot und trank Kentucky Whisky. Die Mutter von Reinhard habe ich nie gesehen.

Die die Vorfälle in Güstrow erzählte mir, so wie ich jetzt schrieb, meine Mutter Rita Hennig (geb.1928-gest. 2010). Es gibt keine lebenden Zeugen mehr aus den Kinderjahren Reinhards.

In Gedenken an meine lieben, Tante Hedwig und Reinhard Fißler. In Liebe Leonardo. Luzern, Frankfurt, Vancouver.

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